Die Fläche rund um den Haselbach wurde renaturiert, Drainagegräben im Moor wurden verschlossen, um das natürliche Moor  - ein Stück Urnatur - wieder herzustellen. Der vorher begradigte Bach windet sich seit 2020 wieder kurvenreich durch die Landschaft., © Stiftung Kunst und Natur Nantesbuch | Klaus Leidorf
Stiftung Kunst und Natur Nantesbuch
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Haselbachtal

In einer kartographischen Erstaufnahme des Geländes zwischen Gut Nantesbuch und Königsdorf aus dem Jahr 1811 ist zu erkennen, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Haselbach noch einen ursprünglicheren Verlauf mit ausgeprägten Mäandern aufweist. Er schlängelte sich in vielen Windungen und Schleifen durch die Wiesen zwischen Gut Nantesbuch und Königsdorf. Mitunter trat er über die Ufer und überschwemmte das anliegende Tal, bot aber vielfältigen Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Dann im Zuge der Industrialisierung und Nutzungsintensivierung in der Landwirtschaft wurde der Haselbach im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts begradigt, vertieft und seine Auen drainiert.

Dementsprechend stark sind die Wasserläufe und die daran anliegenden Flächen auf dem Gelände also von der Industrialisierung der Landwirtschaft gezeichnet. Eine Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushalts erfordert unterschiedliche Maßnahmen, wie Nutzungsextensivierung, die Anpflanzung standorttypischer Arten oder auch die maschinelle Neugestaltung von Lebensräumen.

Fast alle Flächen entwässern über den Haselbach. Bis vor kurzem floss dieser beinahe schnurgerade durch die Wiesen.

Im Rahmen einer aufwändigen Renaturierungsmaßnahme der Stiftung Kunst und Natur seit 2018 ändert sich dies nun wieder. Ziel derartiger Unternehmungen ist es, degradierte und übernutzte Ökosysteme wieder in einen ursprünglicheren Zustand zu versetzen und die natürlichen Standortbedingungen im Hinblick auf Nährstoff- und Wasserhaushalt wieder herzustellen. Die Renaturierungsmaßnahme wird unter anderem zur Folge haben, dass der Haselbach künftig bei Hochwasser vermehrt über die Ufer tritt und neu geschaffene Retentionsflächen überflutet. Diese natürliche Konsequenz wird bewusst in Kauf genommen, um damit die Ansiedlung standortgerechter Pflanzen- und Tierarten zu fördern.

Seit 2020 windet sich der Haselbach nun wieder kurvenreich durch die Landschaft. Im Wasser und an Land entsteht so eine ganz neue – oder alte – Artenvielfalt.

Die drum herum liegenden Auen werden durch Auerochsen, Wasserbüffel und Exmoor-Ponys von hohem Bewuchs freigehalten.

Brutvogelkartierung

Mit einer langfristig angesetzten Erfassung möchte die Stiftung Kunst und Natur die Wirksamkeit ihrer Entwicklungsmaßnahmen hinsichtlich der Biodiversität der Avifauna auf ihrem Gelände messen.

In der Brutsaison 2018 erfolgte deshalb erstmals eine vollständige Erfassung und Kartierung der vorhandenen Brutvogelarten.

Das Ergebnis zeigt mit 63 Brutvogelarten und 15 weiteren beobachteten Arten, die als Randsiedler oder mögliche Brutsiedler im Stiftungsgebiet vorkommen, eine erfreulich große Artenvielfalt. Unter den erfassten Arten befinden sich 15, die sich in Bayern oder Deutschland auf einer Roten Liste befinden.

Also häufigste Brüter lassen sich Waldvogelarten mit Buchfink, Kohl- und Tannenmeise, Amsel und Mönchsgrasmücke feststellen. Auch Arten des Unterholzes und der Naturverjüngung, wie Rotkehlchen, Zaunkönig und Heckenbraunelle sind vertreten. Bemerkenswert ist der Bestand an Spechten mit bis zu sechs Arten. Greifvögel kommen mit bis zu sieben Arten vor.

Besonders hervorzuheben ist eine erfolgreiche Dohlenkolonie, die sich mit über 12 Brutpaaren im Buchenaltholz hält. Weiterhin erfreulich sind Bruten des Mauerseglers, der überregional stark rückläufigen Rauchschwalben, sowie des Haus- und Feldsperlings. Im Offenland sind gute Bestände des Baumpiepers, des Neuntöters sowie des Schwarzkehlchens und der Goldammer zu beobachten.

Studie

Ingo Weiß, Bestandserfassung der Brutvögel auf dem Gebiet der Stiftung Nantesbuch. Zoologisches Monitoring - Brutsaison 2018.
Unveröffentlichtes Gutachten i.A. der Stiftung Nantesbuch gGmbH (heute: Stiftung Kunst und Natur gGmbh)

Kurzfassung zum Download

Renaturierung der Moore und des Moorwaldes

Moore entstehen, wenn durch hoch anstehendes Grundwasser einfallendes abgestorbenes Pflanzenmaterial wegen der Sauerstoffarmut nicht abgebaut werden kann. Das Auerfilz ist ein Hochmoor, d.h. es wird vom Niederschlag gespeist und wächst pro Jahr etwa 1 mm in die Höhe. Es liegt mitten in der der 30 km langen Tölzer Moorachse, die fast ununterbrochen vom Kochelsee bis Bad Tölz und Deining führt. Mit 11 % Mooranteil gehört der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zu den moorreichsten Landkreisen Bayerns.

Um Hoch- und Übergangsmoore im Süden des Geländes für die Land- und Forstwirtschaft nutzbar zu machen, wurden dort seit dem 19. Jahrhundert Drainagegräben eingezogen. Durch das Schließen dieser Gräben sollen diese Moore wieder vernässt und die Flächen miteinander vernetzt werden.

Renaturierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung natürlicher Moore sind aus vielen Gründen sinnvoll. So können Starkregenereignisse abgepuffert, Überschwemmungen vermieden und Wasser über lange Zeiträume in der Landschaft gehalten werden. Gesunde Moore verhindern, dass das in ihnen gespeicherte CO₂ entweicht, und lagern jedes Jahr aufs neue große Mengen an CO₂ ein.

Fichtenmonokulturen sollen standortgerechten Moorwäldern aus Moorbirken, Erlen oder auch Kiefern Platz machen. Auf diese Weise soll für diese kleinen Flächen Urnatur eine Zukunft geschaffen werden. In den Randbereichen sollen Pufferzonen entstehen, also Bereiche, die für den Menschen zugänglich sind, damit er die Entwicklung miterleben kann.

Die Stiftung Kunst und Natur stellte im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem AELF, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Holzkirchen, eine Pilotfläche für ein wegweisendes Projekt im Rahmen der Initiative Zukunftswald Bayern zur Verfügung. Die Initiative Zukunftswald Bayern sucht nach Möglichkeiten, die heimischen Wälder frühzeitig an den Klimawandel anzupassen und die Waldvielfalt auch für zukünftige Generationen zu erhalten. Moorwälder sind besonders sensible Waldflächen mit hoher Bedeutung für den Naturschutz, aber auch für den Klimaschutz. Eine Pilotfläche von ca. 10 ha Moorwald wurde musterhaft als stabiler und ökologisch wertvoller Moor-Mischwald gestaltet. Die Pilotfläche könnte als Vorbild für die ca. 1.000 ha Waldflächen in der Region dienen.

Nutzungsextensivierung

Extensiv genutzte Wiesen sichern die biologische Vielfalt und stellen eine wertevolle Bereicherung der heimischen Flora und Fauna dar. Auch wenn der Nutzen für eine mögliche Futterproduktion eher gering ist, haben diese Flächen einen unbestreitbaren hohen ökologischen Wert.

Artenreiches Grünland ist wichtiger Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten und in seinen vielfältigen Funktionen für den Boden-, Klima- und Hochwasserschutz langfristig zu erhalten.

Auf dem Moorstandort an der nördlichen Geländegrenze sollen Flora und Fauna in erster Linie wieder sich selbst überlassen werden, um sich natürlich zu wandeln.

Die betreffenden Flächen werden seit gut hundert Jahren land- und forstwirtschaftlich genutzt.

Ziel ist hier, die Nutzung deutlich zu verringern, auf den Waldflächen einen lichten Moorwald entstehen zu lassen und auf den anschließenden Offenlandgebieten wieder eine Heimat für Bodenbrüter wie Bekassine, Kiebitz und Braunkehlchen zu schaffen.

Wenn Wiesen und Weiden schonend genutzt werden, beherbergen sie eine enorme Artenvielfalt.

Mehr als ein Drittel aller heimischen Pflanzenarten haben dort ihr Hauptvorkommen. Außerdem bietet solch eine intakte Wiese Lebensraum für Unmengen von Insekten und anderen Tieren.

Ganzjahresbeweidung

Zusammen mit den Heckrindern und Wasserbüffeln unterstützen Ponys die extensive Ganzjahresbeweidung des Haselbachtals und anderer Flächen. Dabei ergänzen sich die leicht verschiedenen Nahrungspräferenzen der drei Arten. Exmoor-Ponys gelten als die einzige europäische Pferdeart, die sich seit der Eiszeit wildlebend nahezu unverändert gehalten hat. In der Halbwildhaltung leben die Tiere ganzjährig draußen. Geplant ist ein ca. 100 ha großes, zusammenhängendes Gebiet auf dem Gelände der Stiftung, in dem die Tiere eigenständig wandern können.

Der Auerochse oder Ur ist der Stammvater aller Hausrinder, ehemals verbreitet über weite Teile Europas, Asiens und Nordafrikas. Nach seinem Aussterben im 17. Jahrhundert begannen die deutschen Zoologen Heinz und Lutz Heck in den 1920er Jahren mit der gezielten Kreuzung möglichst urtümlicher Rinderrassen, um den Auerochsen wieder zum Leben zu erwecken. Durch vielfältige, nicht zentral koordinierte Einflüsse nach 1945 entstand ein breites Spektrum von Zuchtformen, die nach ihren Begründern unter der Bezeichnung Heckrinder zusammengefasst werden. Die Tiere werden häufig, wie auch von der Stiftung Kunst und Natur, für Beweidungsprojekte eingesetzt – die wahren Ausmaße des Auerochsen erreichen sie jedoch nicht. 

Wasserbüffel eignen sich in besonderer Weise für die Bewirtschaftung von Feucht- und Nassstandorten und machen sich an diesen Standorten als hervorragende Landschaftspfleger verdient.

Sie fressen geringwertiges Futter wie Schilf und Seggen, die häufig in nassen Sumpfbereichen aufzufinden sind und gewinnen über dieses geringwertige Futter Nährstoffe, die Kühe nicht aufnehmen können. Mit Hilfe ihrer ausgespreizten Hufe sinken sie auf dem sumpfigen Untergrund nicht ein und sind daher eine optimale Ergänzung.

Streuobstwiesen und Permagarten

In dem Planungsraum rund um Gut Nantesbuch gesellt sich zur Natur die Nutzung durch den Menschen. Ökologische und landschafts-ästhetische Gesichtspunkte spielen bei der Pflege aller Flächen auf dem Gelände der Stiftung Kunst und Natur eine bedeutende Rolle. Maßgebliches Ziel ist die Steigerung der Artenvielfalt. Wald- und Biotopflächen sowie besonders artenreiche Streuwiesen werden von der Stiftung selbst gepflegt.

Einen Großteil der landwirtschaftlichen Flächen auf ihrem Gelände lässt die Stiftung Kunst und Natur jedoch auch durch aus der Region stammende Landwirte bewirtschaften. Diese Zusammenarbeit fördert die Verbindung zu den für den Erhalt der Kulturlandschaft verantwortlichen Landleuten.
Neu gestaltete Pachtverträge stellen dabei den nachhaltigen Umgang mit allen Flächen im Sinne der ökologischen Ziele der Stiftung Kunst und Natur sicher. Die Ausformulierung erfolgte dabei in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Bauernverband und dem Bund Naturschutz.

  • Streuobstwiesen

Der Streuobstbau ist eine traditionelle, extensive Form des Obstbaus, der früher weit verbreitet war. Auf diesen Flächen stehen die Obstbäume in unregelmäßigen Abständen locker über die Wiesen verstreut. Charakteristisch für Streuobstwiesen sind großkronige Bäume mit hohem Stamm. Die Wiesen unter den Bäumen werden entweder extensive gemäht oder beweidet und bieten zahlreichen Wildkräutern und Tieren eine Heimat. Sie gelten als artenreichste und bunteste Wiesengesellschaft überhaupt. Durch die bunte Mischung von Bäumen und Wiesen kommen dort gleichzeitig typische Wald- und Wiesenarten gleichzeitig vor. Ein Einsatz von Pestiziden und synthetischen Dünger ist ausgeschlossen.

Durch standortangepasste – und oft sehr alte - Obstsorten kommt es seltener zu Krankheiten.

Solche wertvollen Naturräume schlagen Brücken zu althergebrachten und bewährten landwirtschaftlichen Nutzungsformen und auch in die Zukunft mit Blick auf die biologische Vielfalt unserer Heimat.

  • Permagarten

Die Anbauweise im Permagarten am Wirtschaftshof ist eine natürliche Form der Landwirtschaft, die auf ein Arbeiten mit den Kreisläufen und Wechselwirkungen in der Natur aufgebaut ist. Solch ein Wirtschaften ist nicht nur ökologisch sinnvoll, es kann auch ökonomisch erfolgreich sein.
Orientiert am Konzept der Permakultur-Landwirtschaft, wie sie vom Agrar-Ökologen Sepp Holzer entwickelt wurde, findet im Permagarten Kräuter-, Obst- und Gemüseanbau statt. Seit Herbst 2018 entstehen dort die ersten Hangterrassen für den Gartenbau.

Die Produkte sollen in der Küche des Seminarbetriebs im Langen Haus Verwendung finden. Streuobstwiesen, Kräuterwiesen, die Bienen und anderen Insekten Nahrung bieten sowie ein Versuchsacker komplettieren die Planungen.

  • Rehkitzrettung

Jedes Jahr zur ersten Wiesenmahd erfordert der Rehnachwuchs unsere besondere Aufmerksamkeit. Die Kitze werden in dieser Zeit von den Geißen in den hohen Wiesen blickgeschützt gesetzt und nur zum Säugen aufgesucht. Ihrem Instinkt folgend, ducken sie sich bei Gefahr an ihrem Platz, ohne zu fliehen. Damit stellt die erste Wiesenmahd für die Jungtiere eine tödliche Gefahr dar. Bis zu 100.000 Tiere fallen ihr in Deutschland jährlich zum Opfer.

Im Rahmen ihrer Pachtvertragsgestaltung verpflichtet die Stiftung Kunst und Natur ihre Pächter, jede Mahd im Voraus anzumelden, damit vorsorgliche Maßnahmen zum Schutz der Kitze ergriffen werden können. Üblicherweise erfordert dies aufwändige Suchaktionen, bei denen die Flächen mit zahlreichen Personen durchstreift werden, um die Jungtiere aufzufinden. Oft sind diese Maßnahmen jedoch nicht ausreichend wirksam.

Zur Verbesserung des Wildschutzes setzte die Stiftung Kunst und Natur im Frühjahr 2017 erstmals die noch relativ junge Drohnen-Technik bei der Rehkitzrettung ein.

In Zusammenarbeit mit dem Jäger Peter Pelz aus Herrnhausen und dem Entwickler Dr. Martin Israel kommt dabei eine mit Infrarot-Kamera und GPS-Technik ausgestattete Drohne zum Einsatz, die in den frühen Morgenstunden, noch bevor sich der Boden aufheizt die betreffenden Flächen abfliegt. Die Infrarot-Kamera zeigt die abgelegten Tiere aufgrund Ihrer Körperwärme sicher an. Diese werden dann vor dem Einsatz der Mähwerke gezielt aus der Wiese geborgen und bis nach der Mähaktion in geringer Entfernung in Gewahrsam genommen, um unmittelbar danach wieder frei gelassen zu werden, wo die Geiß ihr Kitz schnell wieder aufsucht. So erweist sich die Methode nicht nur als besonders zuverlässig und tierfreundlich, sondern auch als zeit- und personalschonend.

Seit 2017 experimentiert und arbeitet die Stiftung Kunst und Natur mit dieser anspruchsvollen Technik und entwickelt Material und Einsatz dabei immer weiter. Bis 2021 konnten auf diese Weise auf den eigenbewirtschafteten und verpachteten Flächen insgesamt ca. 300 Kitze und zahlreiche Junghasen gerettet und ihren Müttern wieder zugeführt werden.


Mehr Informationen und Programm: www.kunst-und-natur.de/nantesbuch